Reichen die Hostien in der Kommunionfeier für alle? Sakristan:innen werden bisweilen nervös. Foto: Pia Neuenschwander

Weihen auf Vorrat: Damit der «Leib Christi» nicht ausgeht

Pfarreien ohne Priester müssen nicht auf den «Leib Christi» verzichten. Damit genügend geweihte Hostien auf Vorrat vorhanden sind, bedarf es der Logistik von Sakristan:innen. Zwei von ihnen erzählen, wie sie dabei vorgehen.


Sylvia Stam

Nach katholischem Verständnis werden Hostien in der Eucharistiefeier zum Leib Christi gewandelt. Man spricht nun von «konsekrierten» oder «geweihten» Hostien. Werden in der Messe nicht alle geweihten Hostien gebraucht, werden sie im Tabernakel, einem Schränklein meist im Hochaltar, aufbewahrt. 

Im Kanton Bern gibt es Pfarreien ohne Priester. Entsprechend kann nicht jeden Sonntag eine Eucharistiefeier stattfinden. Als Alternative finden vielerorts Kommunionfeiern statt, also Wortgottesdienste, bei denen Hostien ausgeteilt werden, die zuvor in einer Eucharistiefeier gewandelt wurden. 

Wie viele Personen kommen?

Damit Seelsorgende, die einer Kommunionfeier vorstehen, genügend gewandelte Hostien vorfinden, bedarf es einer gewissen Logistik. Eine Schlüsselrolle spielen in dieser Frage die Sakristan:innen. Ihnen obliegt die Verantwortung, den Vorrat an geweihten Hostien im Auge zu behalten. 

Zwei von ihnen, Antun Tunic, Sakristan in der Pfarrei Guthirt in Ostermundigen, und Eva-Maria Mohr Schenk, Sakristanin in der Pfarrei Auferstehung in Konolfingen, haben dem «pfarrblatt» erzählt, wie sie dabei vorgehen. 

Die Hostien für Kommunionfeiern dieser Pfarreien werden beide anlässlich einer Eucharistiefeier der italienischen Mission gewandelt. «Ich habe Erfahrung, wie viele Personen ungefähr in unsere Gottesdienste kommen», sagt Antun Tunic gegenüber dem «pfarrblatt». Er rechne jeweils einige mehr ein, für den Fall einer Beerdigung mit Kommunionfeier. «350 Hostien reichen etwa für zwei Wochen», so Tunic. Das Ziborium, so heisst das Gefäss zur Aufbewahrung der Hostien, sei immer voll.
 


Mit «Sorgfalt und Ehrfurcht» 

Auch Eva-Maria Mohr Schenk weiss gut, wie viele Personen die Gottesdienste in Konolfingen besuchen. In Familiengottesdiensten sind es 60 bis 80 Personen, in normalen Gottesdiensten zwischen 20 und 50. Die Sakristanin übergibt die entsprechende Anzahl ungeweihter Hostien dem Priester der italienischen Mission, der einmal im Monat in Konolfingen Eucharistie feiert. «Das funktioniert sehr gut», sagt Mohr Schenk. Die geweihten Hostien werden im Tabernakel aufbewahrt. 

Konsekrierte Hostien sollen «mit Sorgfalt und Ehrfurcht» behandelt werden, sagt Andreas Fuchs, Leiter der Schule für Sakristan:innen in Einsiedeln. Es sei gut, einen gewissen Vorrat davon im Tabernakel zu haben, wenn nicht regelmässig Eucharistie gefeiert werden könne. «Andererseits sollte aber kein übermässiger Vorrat angelegt werden.» Wenn es einen Engpass gebe, weil beispielsweise an einer Beerdigung ausserordentlich viele Personen erwartet werden, empfiehlt Andreas Fuchs, «konsekrierte Hostien in der Nachbarspfarrei zu holen».

«Ich bin während der Kommunion auch schon mal nervös geworden», sagt Eva-Maria Mohr Schenk, «aber es hat bisher immer gereicht. Im Notfall müssten wir die Hostien halbieren.» «Dies ist tatsächlich eine Möglichkeit», bestätigt Andreas Fuchs. Hilfreich sei zudem, eine grosse Priesterhostie in der Reserve zu haben, die mehrfach gebrochen werden könne, sodass mehrere Personen kommunizieren können. 

Gefahr des Schimmelbefalls

 Doch auch im umgekehrten Fall ist Sorgfalt geboten. «Hostien sind mehrere Monate haltbar», erklärt Andreas Fuchs, allerdings komme es auf das Raumklima an. «Zu denken ist dabei vor allem an Feuchtigkeit, die beispielsweise bei Hostien zu Schimmelbefall führen kann.» Zum Schutz der Hostien haben das Ziborium oder die Hostienschale darum einen Deckel. 

«Bevor ich die neuen Hostien ins Ziborium lege, nehme ich die alten vorsichtig heraus, trinke die kleinen Krümel mit etwas Wasser, reinige das Ziborium und gebe dann zuerst die  neuen hinein, sodass die alten obenauf kommen und als Erste verteilt werden», erläutert Antun Tunic. Eva-Maria Mohr Schenk legt einen Zuckerwürfel ins Ziborium. «Dieser zieht die Feuchtigkeit an, sodass die Hostien länger knusprig bleiben.» 

Der Erde übergeben 

Aus den Gesprächen mit Tunic und Mohr Schenk wird deutlich, dass sie sehr pietätsvoll mit den Hostien umgehen. So wissen beide genau, was zu tun ist, wenn eine konsekrierte Hostie versehentlich zu Boden fällt: «Wenn sie noch sauber ist, essen wir sie selber. Wenn sie sehr schmutzig ist, lösen wir sie in etwas Wasser auf und giessen dieses zu einer Pflanze in die Erde.» Auch Mohr Schenk, die das noch nie erlebt hat, würde so vorgehen. 

Schulleiter Fuchs bestätigt, dass die Empfehlung so lautet, sofern kein sogenanntes Sakrarium vorhanden sei. Ein Sakrarium ist eine Öffnung im Boden der Sakristei oder ein besonderes Becken an der Wand, dessen Ausguss direkt in die Erde führt. Sakrarien gibt es noch in alten Kirchen wie etwa dem Kloster Einsiedeln. Im Kanton Bern, wo katholische Kirchen jüngeren Datums sind, sind sie weniger vorzufinden.