Newsrückblick: Von Unterschriften, Umwelt und Unkosten
Warum 183'000 Unterschriften in Bern Nervosität auslösen und woher die Million Franken für die Sanierung der Nuntiatur kommen. In unserem Newsrückblick gibt’s mehr als nur Zahlen.
Liebe Leserin
Lieber Leser
Es war die Überraschung des noch jungen Jahres: Innerhalb von nur zwei Wochen wurden 183'000 Unterschriften für die neue Initiative zur Konzernverantwortung gesammelt. Sie will im Kern dasselbe wie die erste, die 2020 am Ständemehr gescheitert war: Schweizer Konzerne sollen haften, wenn ihre Tochterfirmen im Ausland gegen Menschenrechte und Umweltstandards verstossen.
Fantastische Erfahrung
Auch Bernd Nilles, Direktor des katholischen Hilfswerks Fastenaktion, hat Unterschriften gesammelt. Eine «fantastische Erfahrung», wie er im Interview mit dem «pfarrblatt» sagt. Er hofft, dass auch wirtschaftliche und bürgerliche Kreise den Mehrwert dieser Initiative erkennen.
Dass dies der Fall ist, darf bezweifelt werden. Aus bürgerlichen Kreisen werden schon jetzt erste Warnungen an die Adresse der Kirchen laut. Wir erinnern uns: 2020 hatten Banner mit Ja-Parolen an Kirchtürmen für hitzige Debatten und diverse politische Vorstössen gesorgt.
Drohung aus der Politik
Im Berner Kantonsparlament ist dazu ein Postulat von FDP-Grossrat Carlos Reinhard hängig, das die Kirchensteuer für Unternehmen auf freiwillige Basis stellen will. Dessen Folgen werden derzeit von der Regierung geprüft. Für Reinhard ist allerdings jetzt schon klar: «Wenn die Kirchen sich politisch einseitig einmischen, dann sollen diese Organisationen auch auf Zwangssteuern verzichten», sagt er im Hintergrundbericht des «pfarrblatt».
Ökologisches Gewissen bleiben
Unabhängig von diesen politischen Entscheidungen dürfte Umweltpolitik in den Kirchen ein Thema bleiben. Milena Hartmann, die neue Präsidentin von «oeku», verspricht, dass die Fachstelle für ökumenische kirchliche Umweltarbeit «auch künftig das «ökologische Gewissen der Kirche und der Gesellschaft» bleiben wird. Dies sagte sie an der Verabschiedung ihres langjährigen Vorgängers Kurt Zaugg-Ott diese Woche in der Rotonda der Pfarrei Dreifaltigkeit in Bern. Dass EKS-Präsidentin Rita Famos und von RKZ-Generalsekretär Urs Brosi an der Pensionierungsfeier teilnahmen, zeigt, wie wichtig den Kirchen Umweltanliegen sind.
Menschliches Kirchenoberhaupt
Dass auch dem obersten Katholiken, Papst Franziskus, die Umwelt am Herzen liegt, ist seit seinem ersten Buch «Laudato sì» bekannt. In seinem jüngsten Buch, seiner Autobiografie, zeigt er sich vor allem von seiner menschlichen Seite. In «Hoffe» erfahren wir nicht nur, dass der kleine Jorge Bergoglio, so der bürgerliche Name des Papstes, Superman-Comics liebt, ein schlechter Fussballspieler ist, sich auch mal prügelt und seine Lehrerin beschimpft.
Franziskus schreibt in seiner Autobiografie auch von Phasen der Depression und wie er gelernt hat, diese als Signal zu deuten, «dass das Leben von mir eine Antwort verlangt». Es sind solche Passagen, die «pfarrblatt»-Chefredaktorin Annalena bei der Lektüre berührt haben und die, wie sie sagt, das Buch auch für Kirchenferne lesenswert machen.
Wie der Pontifex seine eigene Wahl erlebt hat und wie er sich die Teilhabe von Frauen an der kirchlichen Macht vorstellt, können Sie in den Auszügen nachlesen, die das «pfarrblatt» publiziert hat. Helena Jeppesen-Spuhler, die Schweizer Vertreterin an der Weltsynode, freut sich jedenfalls über das klare Bekenntnis des Papstes zum Frauendiakonat, das er in seiner Biografie bekräftigt.
Schweigsamer Nuntius sammelt Geld
Weniger mitteilsam als der Papst ist dessen Botschafter hierzulande, nämlich Nuntius Martin Krebs. Das Nebengebäude seiner Residenz in Bern muss saniert werden, Kostenpunkt gegen eine Million Franken. Laut Gepflogenheiten des EDA wäre eigentlich der Vatikan für den Unterhalt seiner Botschaft zuständig. Die «Inländische Mission» hat trotzdem im Auftrag der Nuntiatur bei Schweizer Landeskirchen, Kirchgemeinden und Bistümern Geld für die Sanierung gesammelt. Mit beachtlichem Erfolg. Der Nuntius selbst lässt die Frage des «pfarrblatt», wie es zu diesem Finanzierungsmodell kam, unbeantwortet.
Auch die Gesamtkirchgemeinde Bern und der Berner Landeskirchenrat haben Geld gesprochen, letzterer offenbar nach kontroverser Debatte. Anders der einst sehr katholische Kanton Luzern, bei dessen Landeskirche gar keine Anfrage einging. «Ein solches Gesuch wäre sicher auch auf Widerstand gestossen», sagt deren Kommunikationsbeauftragter Dominik Thali. Und erinnert daran, dass die Nuntiatur dem Forschungsteam zur Missbrauchsstudie keinen Zugang zu ihren Archiven gewährt habe.
Anlaufstelle spiritueller Missbrauch
Eine Öffnung in Sachen Missbrauch zeigt sich derzeit im Bistum Basel. Hier steht ein Schutz- und Interventionskonzept zu spirituellem Missbrauch kurz vor der Umsetzung. Geplant ist darüber hinaus eine Anlaufstelle zu dieser Thematik.
Viel zu lesen dürfte es dieses Wochenende zum Holocaust geben. Am Montag, 27. Januar, jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Mir fehlen angesichts dieses Grauens die Worte. Doch verweise ich gerne auf das Portrait des Holocaust-Überlebenden Schlomo Graber, das am Montag auf «pfarrblattbern.ch» zu lesen sein wird.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Sylvia Stam
Redaktorin «pfarrblatt» Bern
Der Inhalt des Newsletters gibt die persönliche Meinung der Autorin wieder.