Die Präsidentin des Landeskirchenrats, Marie-Louise Beyeler, spricht zu den Delegierten in Thun. Foto: Charles Martig
Berner Landeskirche baut gesamtgesellschaftliches Engagement aus
Das Landeskirchenparlament stimmt für den Ausbau der institutionellen Heimseelsorge. Ein Rückweisungsantrag aus Konolfingen wurde abgelehnt. Damit wird ab 2026 die institutionelle Heimseelsorge im Kanton Bern ausgebaut und ökumenisch strukturiert.
Annalena Müller
Die Sonne strahlt über das verschneite Thun, wo sich 50 Abgeordnete des Landeskirchenparlaments eingefunden haben. In der Herbstsession wird traditionell das Budget beschlossen. So auch an diesem Samstag.
Für das Jahr 2025 spricht das Parlament gut 20 Millionen Franken und rechnet mit einem Defizit, den die Landeskirche aus eigenen Mitteln ausgleichen kann. Im Zentrum der Sitzung steht der Einstieg der Römisch-katholischen Landeskirche in die institutionelle Heimseelsorge ab 2026.
Gesamtgesellschaftliches Engagement
Für die Leistungsperiode 2026-31 wird die römisch-katholische Landeskirche 2,2 Millionen Franken mehr zur Verfügung haben. Präsidentin des Landeskirchenrats, Marie-Louise Beyeler weist darauf hin, dass mit der faktischen Aufstockung der kantonalen Gelder für die gesamtgesellschaftlichen Leistungen der katholischen Kirche auch die Möglichkeiten steigen, sich zu engagieren.
Einen Schwerpunkt für den Ausbau des gesamtgesellschaftlichen Engagements setzt die katholische Kirche bei der institutionellen Heimseelsorge, die bisher von der Reformierten Kirche getragen wurde. Bischofsvikar Georges Schwickerath trägt das Anliegen des Landeskirchenrats den Parlamentariern vor. Ab 2026 soll die katholische Kirche 330 Stellenprozente in der institutionellen Heimseelsorge finanzieren.
Katze im Sack
Gallus Weidele, Sprecher der Regionalversammlung Bern, weist darauf hin, dass im Antrag des Landeskirchenrats gewisse Fragen offen geblieben seien. Darunter die nach der Lohnklasse der institutionellen Seelsorgenden. Man müsse sicherstellen, dass es keine Abwerbungen aus der Pfarreiseelsorge gebe. Dass solche Fragen offengelassen würden, bedeute, dass die Abgeordneten die Katze im Sack kaufen müssten. Dennoch schlägt die Regionalversammlung Bern vor, dem Geschäft zuzustimmen, «da die Grundrichtung stimmt.»
Aus Konofingen hingegen kommt die Forderung, Beratung und Abstimmung zu verschieben bis alle offenen Fragen gelöst seien. Der Rückweisungsantrag aus Konofingen wird mit 49 zu 1 klar abgelehnt. Der Antrag des Landeskirchenrats wird mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Institutionelle Heimseelsorge
Aktuell gibt es in 60 der 318 Heimen im Kanton Bern speziell angestellte Seelsorgende. Insgesamt sind dort 72 Heimseelsorgende mit unterschiedlichen Pensen tätig. Laut der offiziellen Webseite heimseelsorgebern.ch «sollte ab 100 Betten eine Seelsorgerin oder ein Seelsorger mit einem Pensum von 20 Prozent angestellt sein.»
Ab 2026 wird die katholische Kirche in die institutionelle Heimseelsorge einsteigen und 330 zusätzliche Stellenprozente finanzieren. Damit kann das Angebot der institutionellen Seelsorge ausgebaut werden. Es werden neu Heime ab 50 Betten einbezogen. Die Heimseelsorgenden sind für alle Bewohner:innen da, unabhängig von ihrer Weltanschauung. In kleineren Heimen wird die Seelsorge wie bis anhin von den Seelsorgenden der jeweiligen Pfarreien getragen.
Kirchen formen Synergien
Die Entscheidung des Berner Kirchenparlaments kommt zu einer Zeit, in der Religionsgemeinschaften ihre Energien in der Seelsorge vermehrt bündeln und gesamtgesellschaftlich als Partnerinnen auftreten. So unterzeichneten die Religionsgemeinschaften am 6. November neue Leitlinien für die Asylseelsorge. Neben den christlichen Kirchen und dem Verband Jüdischer Fürsorgen (VSJF) ist erstmals auch der muslimische Dachverband (FIDS) dabei.
Ebenfalls auf nationaler Ebene ist die Schaffung einer nationalen ökumenischen Koordinationsstelle «Seelsorge im Gesundheitswesen» geplant. Die Synode der Evangelische-reformierten Kirche Schweiz (EKS) hat bereits der Zahlung eines jährlichen Beitrags von 72'000 CHF zugestimmt. Auf katholischer Seite wird eine Zustimmung von RKZ und SBK noch vor Jahresende erwartet.
Landeskirchenparlament
Das Landeskirchenparlament ist die Legislative der Landeskirche. Derzeit besteht es aus 66 Abgeordneten der Kirchgemeinden. Die Anzahl der Abgeordneten pro Kirchgemeinde berechnet sich aus deren Mitgliederzahl.
Das Parlament versammelt sich in der Regel zweimal pro Jahr: im Frühjahr (Rechnung) und im Herbst (Budget). Vorgängig treffen sich die Regionalversammlungen, wo die Geschäfte vorberaten werden.
Die Aufgaben des Parlaments sind unter anderem:
Wahl des Landeskirchenrates und dessen Präsidiums;
Genehmigung des Budgets und Abnahme der Rechnung;
Behandlung von Anträgen des Landeskirchenrates;
Wahl der Kommissionen sowie der Datenschutz- und der Revisionsstelle;
Ausübung der Oberaufsicht über den Landeskirchenrat und das Generalsekretariat.
Ihm stehen die parlamentarischen Mittel der Motion, des Postulats und der Interpellation zur Verfügung. Die Versammlungen sind öffentlich und können von interessierten Personen verfolgt werden.