Missbrauchsbetroffene in den drei Schweizer Landesteilen reagieren empört auf die Rückkehr von Jean Scarcella als Abt von St. Maurice. Collage: Annalena Müller

Missbrauchsbetroffene empört über Rückkehr von Abt Scarcella

In einer Stellungnahme äussern sich Betroffenenverbände zur Rückkehr von Jean Scarcella als Abt von St. Maurice.

 

Die drei Betroffenenorganisationen aus den Schweizer Landesteilen haben sich in einer Stellungnahme zur Rückkehr von Jean Scarcella als Abt von St. Maurice geäussert.

Darin finden die Vertreter:innen der IG-MikU (Deutschschweiz), SAPEC (Westschweiz) und GAVA (Tessin) deutliche Worte. Die Rückkehr von Abt Jean Scarcella sei für Missbrauchsbetroffene verletztend. Und er sei ein Rückschlag für all diejenigen Kirchenmitglieder, die aufrichtig an einem Kulturwandel arbeiteten.

Mitteilung der Betroffenenverbände im Wortlaut 

 

Man wähnt sich im falschen Film: Ein Abt, der qua Amt auch der Schweizerischen Bischofskonferenz angehört, hat nach Missbrauchsvorwürfen und einer Rüge aus Rom sein Amt im Kloster Saint-Maurice wieder aufgenommen.


Die Rede ist von Jean Scarcella. Scarcella und sein interimistischer Nachfolger, der Apostolische Administrator, Jean-Michel Girard, seien am 13. Februar in den Vatikan gereist, ist in der Pressemitteilung der Abtei St. Maurice zu lesen. Dort seien sie mit dem Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe, Kardinal Robert Francis Prevost, zusammengetroffen. Prevost habe ihnen sein Einverständnis gegeben, dass Scarcella sein Amt wieder aufnehmen könne. Dies mit der Begründung, dass es keine Beweise für Missbrauch oder Belästigung durch Scarcella gegeben habe.

Nichtanhandnahme wegen Verjährung

Wichtig ist nun zu wissen: Die Generalstaatsanwältin des Kantons Wallis, Beatrice Pilloud, hat am 17. Oktober 2024 die Einstellung diverser Verfahren ausdrücklich infolge Verjährung verfügt und nicht weil die Vorwürfe unbegründet wären. Das bestätigten RKZ-Präsident Roland Loos und RKZ-Generalsekretär Urs Brosi gegenüber Medien

In einem schlecht beginnenden Film kann man hoffen, dass er im Verlaufe der Zeit noch besser wird und das Gute obsiegt. In der Realität sieht es leider anders aus. Dem ersten Skandal folgt zugleich der zweite. Kulturwandel sieht definitiv anders aus! So kann kein Vertrauen geschaffen werden! 

Schritt verletzend für Missbrauchsbetroffene 

Es ist absolut unerklärlich, dass Abt Jean Scarcella die Entscheidung zur Einstellung der Ermittlungen gegen ihn, aufgrund der Verjährung, als Anerkennung seiner moralischen Unschuld interpretiert hat. Abt Scarcella hätte es in der Hand gehabt, ein Vertrauen schaffendes Zeichen zu setzen, indem er das Amt nicht wieder aufnimmt. 

Es ist einmal mehr sehr verletzend gegenüber Betroffenen. Doch auch jene Menschen, welche sich kirchliche Verantwortungsträger wünschen, die einen ehrlichen Kulturwandel anstreben und mit gutem Beispiel vorangehen, sind enttäuscht und sehen sich bestätigt, dass ein Teil der Kleriker noch immer nicht verstanden hat, worum es beim Thema Missbrauch wirklich geht.

Die Bischofskonferenz findet sich wider Willen mit einem Mitglied wieder, das sich nicht angemessen zurückgezogen hat. Aus rechtlichen Gründen kann dieser Abt nicht aus der Bischofskonferenz ausgeschlossen werden, aber die Tatsache, dass er wieder Mitglied geworden ist, schadet ihr. Seine unpassende Anwesenheit untergräbt tatsächlich die Glaubwürdigkeit der Massnahmen, welche die Bischöfe, die RKZ und die KOVOS mit unbestreitbarem Engagement gegen Missbrauch ergriffen haben.


Gezeichnet von den Betroffenenorganisationen
IG-MikU (Deutschschweiz)
SAPEC (Westschweiz)
GAVA (Tessin)

(ALM)