Papst Franziskus liest das Abschlussdokument. Foto: Vatican Media via X.

Frauendiakonat, Laienrechte und Bischöfe: Das steht im Synodenbericht

Der Abschlussbericht der Weltsynode fällt mutig aus. Die Synodalen fordern mehr Rechte für Frauen und Laien und eine Rechenschaftspflicht für Bischöfe.

 

Annalena Müller

Der Abschlussbericht umfasst 52 Seiten und 155 Kapitel.* Über jedes der Kapitel wurde einzeln abgestimmt. Zur Annahme waren 66,6 Prozent der Stimmen nötig. In formeller Hinsicht war die Synode ein Erfolg für Papst Franziskus. Die Synodalen nahmen das Dokument deutlich an. 

Frauen setzen sich durch

Auch das umstrittene Kapitel 60, um das wohl bis zuletzt gerungen wurde. Dieses fordert, dass die Diskussion über das Frauendiakonat fortgeführt wird – und stellt sich damit gegen das päpstliche «no basta» in dieser Frage. Kapitel 60 erhielt 72,7 Prozent der Stimmen. Das Ergebnis ist ein Erfolg für die Frauen der Synode.

Tatsächlich zieht sich die Frauenfrage wie ein roter Faden durch das Abschlussdokument. Immer wieder wird «die Traurigkeit» über die Ungleichbehandlung erwähnt. «Die wiederholten Äusserungen von Schmerz und Leid von Frauen aus allen Regionen und Kontinenten (…) während des Synodenprozesses» machten deutlich, wie häufig die Kirche diskriminiere (Kap. 52). 

Zugang zu Weihe soll diskutiert werden 

Am deutlichsten wird die Synode zum Thema Frauen in Kapitel 60: «Durch die Kraft der Taufe haben Männer und Frauen die gleiche Würde». Weiter streicht die Synode die wichtige Rolle von Frauen in der Heilsgeschichte und der gegenwärtigen Kirche heraus. Daraus ergibt sich die Forderung, «alle Möglichkeiten, die das geltende Recht in Bezug auf die Rolle der Frau bereits vorsieht, voll auszuschöpfen, vor allem dort, wo sie noch unerforscht sind.» 

Weiter schreiben die Synodalen: «Es gibt keinen Grund, warum Frauen keine Führungsaufgaben in der Kirche übernehmen sollten: Was vom Heiligen Geist kommt, kann nicht aufgehalten werden. Auch die Frage des Zugangs von Frauen zum diakonischen Dienst bleibt offen. Diesbezüglich sind weitere Überlegungen erforderlich.» 

Die Weltsynode will, dass der Zugang für Frauen zum Diakonat als Weiheamt aktiv weiter diskutiert wird. Sie stellt sich damit offen gegen das päpstliche Machtwort in dieser Frage, das die Medien über die vergangenen Wochen füllte.
 


Mitspracherecht für Laien und Rechenschaftspflicht für Bischöfe

Allgemein fordert der Abschlussbericht ein grösseres Mitspracherecht der Laien – Männer und Frauen. Immer wieder betont das Dokument die «gleiche Würde aller Getauften» und des «gesamten Volk Gottes». Auch gegenüber den Bischöfen. Diese sollen Laien und Laiinnen in verantwortungstragende Positionen in Diözesen und kirchlichen Einrichtungen sowie Kirchengerichten berufen (Kap. 77). 

Ausserdem sollen Bischöfe die Einrichtung partizipativer Gremien fördern, die an Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Hier wird die Synode ein weiteres Mal deutlich und fordert die Aufhebung der rein «beratenden Funktion» solcher Gremien. Für die Synode «scheint eine Überarbeitung der kanonischen Normen angebracht» (Kap. 92). 

Für die in der Schweiz neu eingerichteten Synodalitätskommission wäre die Umsetzung dieser Forderung eine gute Nachricht. Sie bekäme deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten.

Stärkung der Gemeinde gegenüber dem Bischof

Auch die Rolle der Gemeinschaft wird gegenüber ihren Bischöfen gestärkt. Letztere sollen gegenüber ihrer Gemeinschaft rechenschaftspflichtig sein und die Arbeit der Oberhirten regelmässig evaluiert werden (Kap. 99-103).

 


Besonders spannend aus Schweizer Perspektive ist Kapitel 70. Dies fordert ein Mitspracherecht der Gemeinschaft bei Bischofswahlen: «Deshalb hofft die Synodenversammlung, dass das Volk Gottes bei der Wahl der Bischöfe ein grösseres Mitspracherecht haben wird. Sie empfiehlt ausserdem, dass die Bischofsweihe in der Diözese stattfindet, für die er als Pastor bestimmt ist, und nicht in der Herkunftsdiözese, wie es oft der Fall ist». 

Würde beispielsweise bestimmt, dass Priester nur dort Bischof werden könnten, wo sie tätig, aber nicht unbedingt inkardiniert sind, würde das den aktuellen Kandidatenkreis für die Bistümer Lugano und St. Gallen deutlich verändern.

Stärkung der Ortskirchen

Ein weiterer zentraler Punkt des Abschlussdokuments ist die Forderung nach mehr Gestaltungsfreiheit der Ortskirchen. Hier nimmt die Synode den Papst in die Pflicht. Das Amt des Petrusnachfolgers «garantiert die legitime Vielfalt und sorgt zugleich dafür, dass das Partikulare der Einheit nicht nur nicht schadet, sondern ihr vielmehr dient» (Kap. 37). 

Weiter heisst es: «Die Würdigung von Kontexten, Kulturen und Verschiedenheiten sowie der Beziehungen zwischen ihnen ist ein Schlüssel, um als missionarische synodale Kirche zu wachsen und unter dem Impuls des Heiligen Geistes auf die sichtbare Einheit der Christen hinzuarbeiten» (Kap. 40). 

An der Regionalisierung haben nicht nur reformorientierte westliche Synodale Interesse. Sondern auch solche des afrikanischen Kontinents, wo die Frage nach dem Umgang mit Polygamie drängender ist als der Zugang von Frauen zu Weiheämtern. Traditionalistische Bischöfe hingegen stehen der Regionalisierung kritisch gegenüber, da sie eine Verwässerung der Botschaft des Evangeliums befürchten. Der niederländische Weihbischof Ted Hoogenboom veröffentlichte am 23. Oktober ein entsprechendes Statement.

Mit der Verabschiedung des Abschlussberichts ist die Weltsynode beendet. Nun liegt der Ball beim Papst. Ob er die Empfehlungen des Synodenberichts ins Kirchenrecht überträgt, ist allein ihm überlassen. 

 

*Der Abschlussbericht geht auf zahlreiche weitere Themen ein, die hier nicht berücksichtigt wurden. Darunter die Ökumene, Krieg und die Rolle der Ostkirchen. Den ganzen Bericht finden Sie hier in italienischer Sprache und hier in englischer Sprache.