Helena Jeppesen-Spuhler

Helena Jeppesen-Spuhler war die europäische Delegierte bei der Weltsynode. Foto: KNA

Helena Jeppesen-Spuhler: «Auch ein neuer Papst kann den synodalen Prozess nicht stoppen»

Die Synodale ist erfreut über den neuen Fahrplan aus Rom. Die Synodalitätskommission müsse den Prozess in der Schweiz monitoren – «besonders dort, wo bisher wenig Konkretes passiert ist.»

 

Annalena Müller

«pfarrblatt»: Papst Franziskus hat aus dem Krankenhaus den Fahrplan für die Umsetzung der Beschlüsse der Weltsynode bewilligt. Was bedeutet das konkret?

Helena Jeppesen-Spuhler*: Ärmel hochkrempeln und weiterarbeiten für die dringend notwendige Erneuerung der katholischen Kirche! 2028 wird es in Rom eine Kirchenversammlung geben – also keine weitere Bischofssynode und kein Konzil, sondern eine Versammlung von Vertreterinnen und Vertretern der Weltkirche. Dort werden die Ergebnisse der lokalen Prozesse vorgestellt, die überall gestaltet und für die Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Eine verbindliche Kirchenversammlung ist ein grosser Schritt hin zu einer demokratischeren katholischen Kirche. 

Beginnt jetzt die Weltsynode 2.0?

Jeppesen-Spuhler: Es beginnt nun eine neue Phase des synodalen Prozesses. Im ersten Teil ging es darum, die Themen der Weltkirche zu erkennen, synodal zu diskutieren und Antworten zu finden. In der jetzt beginnenden Phase geht es darum, diese Antworten in den Ortskirchen umzusetzen. Rom will den Ortskirchen Zeit und Raum geben, damit sie ihren synodalen Prozess entwickeln können und eine partizipative Kirche entsteht. Ich finde es grossartig, dass Franziskus sogar aus dem Krankenhaus den synodalen Prozess weiter unterstützt und die entscheidenden Weichen stellt.

Will der schwerkranke Papst mit diesem Schritt sicherstellen, dass der synodale Prozess weitergeht – auch falls ein möglicher Nachfolger dem Reformprojekt weniger freundlich gesinnt wäre?

Jeppesen-Spuhler: Ich weiss es natürlich nicht genau, aber das ist sicher eine höchst willkommene Nebenwirkung. Franziskus ist es wichtig, dass seine Erkrankung die Prozesse nicht stoppt. Deshalb gibt er dieses wichtige «Go»-Signal. Klar ist, dass der synodale Prozess umso weniger gestoppt werden kann, je stärker er in den lokalen Kirchen verankert und umgesetzt wird – selbst durch einen neuen Papst nicht.

Was bedeutet der Zeitplan für den synodalen Prozess in der Schweiz?

Jeppesen-Spuhler: Der Plan gibt uns Fixpunkte, die auch für uns verbindlich sind. Zum Beispiel wird es im Oktober, im Rahmen des Heiligen Jahres, einen Austausch der Synodenkommissionen, Räte und Ausschüsse in Rom geben. Da muss natürlich auch jemand aus der Schweizer Synodalitätskommission (SyKo) teilnehmen. Wichtiger für uns ist jedoch, dass die SyKo durch das päpstliche Schreiben eine zusätzliche Rolle bekommen hat. Sie muss eine Art Monitoring gewährleisten, um zu verfolgen, was in den einzelnen Diözesen der Schweiz und in der SBK geschieht. Zudem soll sie Unterstützung leisten und Impulse geben – besonders dort, wo bisher wenig Konkretes passiert ist.

In der SyKo zeichnen sich bereits zwei Lager ab, die sich gegenseitig blockieren könnten: Vertreter der Deutschschweiz fordern konkrete Reformschritte, während Repräsentanten der lateinischen Schweiz sich auf Synodalität als Methode des Redens und Zuhörens konzentrieren. Kann der päpstliche Fahrplan Bewegung in die SyKo bringen?

Jeppesen-Spuhler: Ja, auf jeden Fall. Das Schlussdokument ist in dieser Frage allerdings eindeutig: Diese beiden Anliegen gehören zusammen. Die spirituelle und die strukturelle Erneuerung gehen Hand in Hand. Eine neue Art, Kirche zu sein, kann nicht allein durch Methode und geistliche Gespräche entstehen – sie muss auch in Struktur und Recht umgesetzt werden. Deshalb sind beide Bewegungen, die wir in der SyKo sehen, wichtig. Der päpstliche Fahrplan betont die Bedeutung beider Aspekte. Entsprechend dürfen diese beiden Anliegen in der Schweiz nicht auseinanderdriften.

Als Delegierte der Weltsynode – was erhoffen Sie sich für die Schweiz und Europa?

Jeppesen-Spuhler: Einige europäische Synodale haben bereits während der Weltsynode den Vorschlag gemacht, dass wir uns auf europäischer Ebene treffen. Eine Antwort des CCEE (Europäische Bischofskonferenz, Anm. d. Red.) steht allerdings noch aus. Ich denke, dass nun Bewegung in diese Frage kommt. Für mich ist es wichtig, dass wir in der Schweiz über unsere eigenen Grenzen hinausschauen – nicht nur nach Deutschland, sondern auch auf andere Kontinente. In Asien wurde gerade eine Synodenkommission gegründet und bei der asiatischen Bischofskonferenz eine Arbeitsstelle eingerichtet. Diese Aufbrüche können uns Energie und neue Ideen geben.
 

*Helena Jeppesen-Spuhler war eine der zehn europäischen «Nichtbischöfe» und eine von 54 stimmberechtigten Frauen, die Papst Franziskus an die Weltsynode berufen hat. Die Aargauerin arbeitet seit über 20 Jahren bei «Fastenaktion».