Eine Gedichtsammlung will das Ringen heutiger Menschen aufzeigen, Glauben in einer angemessenen Sprache neu zu beleben. Foto: Tom Sojer

«Woran glauben Sie – oder auch nicht?»

«Woran glauben Sie – oder auch nicht?» Mit dieser Frage ruft ein Institut der Theologischen Fakultät Erfurt dazu auf, Gedichte zum Thema «Glauben» einzusenden. Eine Auswahl davon erscheint in Buchform.


Sylvia Stam

«Glauben. Ein Wort, das auf der Zunge klebt wie altes Wachs am Kirchenboden. Zuviel Lüge, zuviel Dogma, zuviel alles. Aber was, wenn Glauben etwas anderes ist? Etwas, das sich nicht predigt, sondern fragt, sich zur Frage bekennt.» Mit diesen Worten lädt die Forschungsstelle «Sprachkunst und Religion» der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Erfurt dazu ein, an einem Gedichtband zum Thema «Glauben» mitzuwirken (siehe Kasten). 

Die Leiter der Forschungsstelle, die Theologen Tom Sojer und Jörg Seiler, haben sich für dieses Projekt mit dem Lyriker Konstantin Stawenow zusammengetan, der aktuell am Schweizerischen Literaturinstitut in Biel studiert. 

Gemeinsames Ringen

 «Es geht nicht um neue Inhalte, sondern darum, das Ringen um gemeinsamen Glauben in angemessener Sprache neu zu beleben», sagt Tom Sojer gegenüber dem «pfarrblatt». Anlass dazu ist das 1700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nicäa (325), auf welches das Grosse Glaubensbekenntnis zurückgeht. Auch um dessen Formulierung wurde gerungen, bis es Eingang in Ost- wie Westkirchen fand. Es ist damit weltkirchlich betrachtet bedeutender als das Apostolische Glaubensbekenntnis, das regelmässig in katholischen Gottesdiensten gebetet wird. 

Fragen und Zweifel erwünscht 

In der Ausschreibung zum neuen Lyrikband wird der Begriff «Glaube» weit gefasst: Die Gedichte können von der «Schönheit des Zweifels» handeln, vom «Heiligen im Unheiligen», also etwa von Gotteserfahrungen im Strassenlärm oder auf einer Party. Sie können «zwischen Glauben und Aufgeben» schwanken. Ob sich die Texte beten lassen, darf offen bleiben. Auch müssen sie nicht zwingend ein Bekenntnis beinhalten. «Vielleicht ist es ein Widerspruch. Ein Fragen, das immer weiter geht», schreiben die Theologen und der Lyriker auf der Website der Forschungsstelle.

Das Unfassbare umkreisen

Die poetische Form wurde gewählt, «weil sie Glaube und Zweifel in den gleichen Satz packen kann, ohne dass der Satz zerbricht», schreibt Jörg Seiler auf der Website. Die poetische Sprache «umkreist das Unfassbare, bringt es in Worte, ohne es zu definieren». 

Ziel des Gedichtbands ist es, «das sprachliche Ringen heutiger Menschen um einen tragfähigen Glaubensausdruck in einer vielstimmigen, poetischen Form zu verdichten», sagt Tom Sojer. Dies unabhängig von Konfession oder religiösen Lehrinhalten.

Die eingesandten Texte werden von einer Jury aus Theolog:innen und Lyriker:innen ausgewertet. Die Auswahl orientiert sich daran, «wie der Text seinen Inhalt sprachlich-künstlerisch umsetzt – durch Wortwahl, Klang, Rhythmus und Ausdruckskraft», so Sojer.

Erstpublikation im Kantonalen Pfarreiblatt Luzern

 

Einladung  zum Mitmachen

Die Forschungsstelle «Sprachkunst und Religion» der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Erfurt sammelt Gedichte zum Thema «Glauben». Pro Person können bis zu drei Texte anonymisiert eingesandt werden, die bislang nicht veröffentlicht wurden. Einsendeschluss: 30. März 2025. Word- oder PDF-Dokument mit Betreff «Ein lyrisches Glaubensbekenntnis» an: thomas.sojer@uni-erfurt.de. Ein Gedichtband mit einer Auswahl von rund 50 Texten erscheint Ende 2025.

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